Theaternächte am Barnim-Gymnasium vom 13.-15.03.2024

„Zusammen, aber nicht komplett“ (DS 12 Leitung Jana Pechstein)


„Allein ist man stark, zusammen unschlagbar“ steht auf der Rückseite des Programmheftes des Teams und ich bin gespannt.

Das erste Bild (Öffnen der Einladung zum 10jährigen Klassentreffen) gleich ein Treffer mit einer beeindruckenden Bühnenpräsenz der Darstellenden, einer theatralen Bühnenaufteilung, die Lust auf mehr macht.

Der opener zeigt, dass dieses Team im Fach Darstellendes Spiel genau verstanden hat, dass es nicht reicht, nur auf die Bühne zu laufen.

Mit Körperspannung und angemessener Rhythmisierung wurde der rote Faden sofort sichtbar: mit einer Formation von Hockern für das individuelle Darbieten der Ehemaligen werden die Schüler*innen-Typen überhöht.

Ehemalige und Gegenwärtige, wie wir sie kennen im schönen Schein! Unterschiedliche Charaktere präsentieren sich in der Runde. Mit gewolltem Klischee beladene Schöntuer*innen, wie unsere Alltagswelt beweist, zeigen die Bühnen- Talente mit eigenen Texten(?) unterschiedliche darstellerische Fähigkeiten. Somit konterkarieren sie die Scheinwelt und halten uns den Spiegel vor. Es zeigen sich Textsicherheit (im Schultheater hervorhebenswert) und gute Artikulation, gelegentlich zu leise in der hinteren Reihe.

Einige möchte ich besonders hervorheben ohne Schmälerung des Teams: Thomas mit autistischen Zügen („Ich bin der Erste“), die Berliner Kotterschnauze (Extralacher im Publikum), „die „Tussis“ (Augenkontakt in den Zuschauerraum) und die Lehrerin Frau Hartmann, typisch und untypisch zugleich.

Aber was soll der Rucksack, der scheinbar niemandem gehört?

Klar, der Untertitel lautet „Zusammen, aber nicht komplett“; es fehlt also jemand - das Geheimnis trägt als Ariadnefaden die gesamte Umsetzung überzeugend, auch für ungeübte Theateraugen.

Die Handlung unterstützend ertönt hörbar bekannte Musik, die dramaturgisch gekonnt variabel eingesetzt Tanzsequenzen (Choreo topp) begleitet. Ich lobe hier den gesamten technischen Einsatz!

Erlebnisse vergangener Schuljahre. Der Hingucker ist ein beleuchtetes Fotoalbum, aufgefächert wie ein typisches Kaleidoskop. Das Schwelgen in verrutschten Erinnerungen und Wir kennen sie alle, die Lehrer*innen mit ihren typischen Macken. Hier aber mit vielseitigen Methoden theatral dargeboten (z.B. motorisch exakte Slowmotions).

Verfremdete Requisiten (Tischtenniskellen, Brillen als Klausuren etc.) beweisen zusätzliche Kenntnisse über Theatermittel.

Ein wohl überlegter Bruch „Wer hat sich diese Texte ausgedacht?“ bestätigt meine positive Bewertung.

Jedes Klischee (Klassenfahrt- mitreißender Song „36 Grad“) wird bewusst gebrochen durch realistische Momente.

„Wo ist Tino?“ Jetzt wird klar, wer fehlt und die Spannung bleibt.

Die folgenden Beichten („Das Leben ist nicht so, wie es scheint“) entlarven den schönen Schein, zeigen die Wirklichkeit im Zweifel. Wahre Lebensbrüche werden offenbart und sorgen für emotionale Momente, „denn das Leben kann eine unerwartete Wendung nehmen“. Die Klassenlehrerin ist z.B. in die Heilpraxis „eingetaucht“, Thomas gesteht seinen Wunsch, Schauspieler zu werden und Paula offenbart in ihrem emotionalen Monolog den Unfalltod Tinos.

Ein kurzes Schlucken im Zuschauerraum zeugt von der Ernsthaftigkeit der Inszenierung.

Hörbare Erleichterung durch die Einblendung der Kinderfotos beendet für mich diesen beeindruckenden Theaterabend.

Ich beglückwünsche alle Mitwirkenden dieses  Theaterprojektes und rufe laut: MACHT MEHR THEATER IN DER SCHULE !

14.03.2024

Helga Burchardt
(ehemalige Leiterin der Theaterwerkstätten der Berliner
Oberschulen)

 

Tel: 0 30 - 93 66 69-0 | Kontakt Anfahrt / Plan | Impressum | Datenschutzerklärung